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Das Kürzel LRS hat drei Bedeutungen: Lese- Rechtschreibstörung, Lese- Rechtschreibschwäche und Lese- Rechtschreibschwierigkeiten. Lese- Rechtschreibstörung findet man vorwiegend in der kinderpsychiatrischen, von Lese- Rechtschreibschwierigkeiten spricht man zunehmend in der pädagogischen Forschungsliteratur. Der Begriff "Legasthenie" wird traditionell im medizinischen Bereich bevorzugt und ist im deutschsprachigen Raum fast zum Mythos geworden, da es hier an einheitlichen Diagnose-, Therapie- und Erklärungsansätzen fehlt, was zu einer ungerechtfertigten Pathologisierung betroffener Personen führen kann. In ärztlichen Gutachten wird heute meistens ein vereinheitlichtes sechsachsiges Diagnoseschema verwendet, das noch auf die Diskrepanz zwischen intellektuellen Fähigkeiten und Lese- Rechtschreibleistungen zurückgreift. In der Literatur findet man viele weitere, zum Teil sehr unterschiedliche Bezeichnungen für das Phänomen, u.a. Schreibleseschwäche, (lineare) Dyslexie, Illetrismus, Wortblindheit, Wortbildschwäche und andere mehr. Alle Begriffe haben verschiedene Inhalte, eins aber meistens gemeinsam: Sie beziehen sich auf besondere Lernschwierigkeiten, die sich nicht durch allgemeine Lernschwäche oder unzureichende Beschulung erklären lassen. In der Wissenschaft ist die Definitionsfrage der LRS - "Legasthenie" bis heute nicht gelöst. Viele Wissenschaftler bezweifeln zudem, ob eine inhaltliche Unterscheidung überhaupt notwendig oder möglich ist. Stellvertretend für die zahlreich vorhandenen Definitionen seien daher an dieser Stelle zwei - unterschiedliche - Beschreibungen aus Pädagogik und Medizin kurz wiedergegeben: "Wir sprechen von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) und verstehen diesen Ausdruck als Sammelbegriff für eine Vielzahl von Problemen, die SchülerInnen beim Erlernen des Lesens, Schreibens und Rechtschreibens und späterhin beim Gebrauch der Schriftsprache aufweisen..." (Beschreibung von Naegele/Valtin in: LRS - Legasthenie - in den Klassen 1-10. Handbuch der Lese- Rechtschreibschwierigkeiten, 2003). Diese Beschreibung ist umfassend - bezieht etwas weniger "Begabte" letztlich mit ein - und vermeidet ungewisse und unbewiesene Vermutungen oder Behauptungen über "mögliche Ursachen" der LRS. In den Definitionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO, ICD-10-F81.0/1, Dilling et al., 1993; ähnlich auch im DSM -IV) geht man von spezifischen entwicklungsbedingten Funktionsstörungen schulischer Fertigkeiten (Specific Developmental Disorders of Scholastic Skills, SDDSS) aus: Dies sind ausgeprägte "Funktionsstörungen", bei denen die "normalen Muster des Fertigkeitserwerbs" vom Anfangsstadium der Entwicklung her gestört werden. Sie sind nicht einfach die Folge eines Mangels an Lerngelegenheiten, sie beruhen auch nicht auf irgendeiner Form von Hirnverletzung oder Krankheit. Vielmehr glaubt man hier daran, dass diese Funktionsstörungen auf "Abnormitäten in der kognitiven Verarbeitung" zurückgehen, die sich größtenteils ableiten von "irgendeiner Art (original: "some type of") biologischer Dysfunktion". In den diagnostischen Richtlinien werden die Anforderungen an die Diagnose geregelt. So muss die Beeinträchtigung einen bestimmten Grad von Bedeutsamkeit aufweisen, darf nicht allein mit mentaler Tempoverringerung oder geringerer Beeinträchtigung der allgemeinen Intelligenz erklärbar sein. Die Beeinträchtigung muss zudem bei Schuleintritt bereits vorhanden und darf nicht durch externe Umstände erklärbar sein. Schließlich darf sie nicht auf unkorrigierte Seh- oder Hörbeeinträchtigungen zurückgeführt werden können. - Durch Einordnung in die ICD (International Klassifikation of Diseases = Internationale Klassifikation der Erkrankungen) wird das Problem als eine Art von Erkrankung - "disorder" - ausgewiesen und gleichzeitig in die Klassifikation der Krankheiten eingereiht. Die WHO unterscheidet die sogenannte spezifische Funktionsstörung des Lesens (F 81.0 Specific reading disorder) von der spezifischen Funktionsstörung des Buchstabierens, des Rechtschreibens (F 81.1 Specific spelling disorder). Bei dieser Funktionsstörung sind das mündliche Buchstabieren und das Schreiben von Wörtern betroffen, ohne dass gleichzeitig Funktionsstörungen des Lesens vorhanden sind. - Man spricht zunehmend auch von umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (UES). Zudem weisen deutsche Mediziner mit Nachdruck darauf hin, die seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch als "Teilleistungsstörung" bezeichnete Lese-Rechtschreibstörung würde von den Schulen nicht erkannt, die betroffenen Kinder würden "als dumm oder faul" gelten. Als "Folge dieser Missverständnisse" würden "ca. 24 Prozent der betroffenen Kinder kriminell und bis ca. 40 Prozent der Betroffenen psychisch krank".
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