Pädagogisches Institut
für Lernförderung
Seit 1983

LRS - ADS: Eine Mutter erzählt

Die Diagnose, die wir erhielten, hieß MCD. Zunächst war uns das damit verbundene Ausmaß noch nicht bekannt. Zu wenig wussten wir und unser damaliger Kinderarzt. "Das wächst sich aus!" Worte, die beruhigten, sich aber nicht bewahrheiten sollten.

Ein Professor sagte uns damals: "Dieses Kind können Sie vergessen, da werden Sie noch viel Theater mit haben!", damals war unser Kind gerade 8! Wochen alt.

Unser Kind wuchs heran, trieb uns an die Grenzen unserer Möglichkeiten, Freunde verließen unseren Weg, wir wurden gemieden, unser Kind spielt immer allein.

Aggressiv, laut, unkonzentriert, chaotisch, eine Nervensäge, böse, durchtrieben, unerzogen waren die Worte jener Zeit. Worte von anderen, die unser Kind beschreiben, uns mit Vorwürfen, gut gemeinten bis völlig idiotischen Ratschlägen bombardierten.

Wir suchten Rat bei einer Kinderpsychologin, die uns nach drei Jahren erklärte: "Ihr Kind ist ganz einfach ein Nimmersatt, der immer alles haben will und nicht genug bekommt! Es gibt so Kinder, die werden halt so geboren!" - Auch das konnte nicht die Erklärung sein, wir suchten weiter.

Unsere kleine Familie war erschöpft und dennoch erst am Anfang eines langen Weges, auf dem wir viel Hilfe brauchten und bekamen.

Viele Eigenschaften unseres Kindes, die andere nicht sahen oder sehen wollten, gaben uns Hoffnung.

Unser Kind ist unendlich zärtlich und liebevoll, sehr viel sensibler als andere, mit einem wissenden Instinkt ausgestattet, der ihm das Gefühl vermittelte, dass andere ihn in seiner Art ablehnten und mieden.

Er wollte sich so gerne selber organisieren und konnte nicht. Aggressives Verhalten und Depressionen bis hin zur Todessehnsucht folgten, da war er gerade 7 Jahre alt und wir alle hatten bereits eine qualvolle Kindergartenzeit hinter uns gebracht.

Verzweifelt auf der Suche nach Hilfe fanden wir endlich einen Spezialisten, der unserem Kind eine ADSH mit Störungen im auditiven, visuellen Bereich bescheinigte.

Erste Schritte auf dem Weg zur Besserung konnten nun endlich eingeleitet werden, denn es gab viele "Baustellen".

Viele Dinge, die er konnte aber nicht umsetzen konnte, wurden ihm langsam vermittelt.

Er machte Sport um seine grobmotorischen Fähigkeiten zu stärken, seine Aggression (entstehend durch Ausgrenzung und Ablehnung, mangelndes Verständnis und sein Wissen um "Ich will doch, aber ich kann nicht!") Ausgleich zu geben.

Da er aufgrund seiner verzweifelten Lage kein Sozialverhalten lernen kann, wie es bei anderen Kindern in diesem Alter schon längst entstanden ist, eckt er auch hier immer an und fliegt raus. Wir wechseln die Sportvereine wie die Hemden, bis wir einen Verein mit Menschen treffen, die ein offenes Ohr für unsere Sorgen haben. Wir haben jetzt 2 x in der Woche Sport, 1 x Spiel- und Verhaltenstherapie und sind noch immer nicht fertig!

Unser Kind weiß um seine Probleme, spricht uns voller Panik an, dass er gegen Ende des zweiten Schuljahres kaum lesen kann. Es stimmt, das Lesen mit ihm ist die Hölle. Jeden Mittag gibt es Kämpfe, langsam dämmert uns, dass das, was uns prophezeit wurde, schon längst da ist: Er hat eine stark ausgeprägte Legasthenie.

Die Ausprägung ist so enorm. Die behandelnde Psychologin und der Schulpsychologe verlangen einen Intelligenztest.

Wir kennen unser Kind, seine klugen Fragen, seine Wissensgier, seine logischen Schlussfolgerungen, seine Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen, seine überdurchschnittlich gute Merkfähigkeit in allen möglichen Dingen, diesmal haben wir keine Angst.

Der Intelligenztest fällt, wie von uns erwartet, gut aus.

Dennoch: Unser Kind hängt wieder allen Kindern in der Klasse hinterher!

Kinder sind grausam, wohl wahr. Nur wenige hänseln ihn wegen seiner Probleme nicht.

Neben seinem schwierigen Sozialverhalten, Erkrankungen wie Krupp-Husten, schwere Neurodermitis, brauchen wir auch noch eine Brille (auweia) und seine Zahnstellung ist derart chaotisch, dass uns der Kieferorthopäde gratuliert, was wir für ein besonderes Kind wir doch hätten, so was hätte er noch nicht oft gesehen.

Anlässe zum Verspotten und Hänseln werden somit immer mehr. Da nie Sozialverhalten wie üblich erlernt werden konnte, knallt es fast täglich in der Schule.

Unser Kind scheint langsam zu brechen, wir und alle helfenden Hände versuchen nur noch zu halten.

Die aufkommenden Versagensängste (hier wieder gepaart mit Aggression und depressivem Verhalten) werfen uns oftmals zurück.

Wir alle gehen auf dem Zahnfleisch, Hausaufgaben sind nur noch ein elender Kampf, ein nicht aufhörendes Verzweifeln und Niedermachen ("Am liebsten wäre ich tot!", "Ich bin zu doof für alles!", "Keiner mag mich!", "Ich werde das nie schaffen!" ....)

Durch Zufall hörten wir vom "Pädagogischen Institut" und haben Glück, wir werden genommen.

Hier fängt er mit Lesen und Schreiben wieder bei Null an. Ganz gleich, ob er, Lehrer oder wir, Geduld und Ausdauer sind gefragt. Unser Kind hätte gerne schnellere Ergebnisse und scheitert immer wieder an seinen eigenen Vorstellungen und Erwartungen.

Auch hier werden seine Zweifel immer wieder laut ("Ich kann das nicht, bin ein Versager!") und sein Selbstbewusstsein liegt am Boden.

Die Schule schreitet voran und damit auch seine Probleme. Er muss in kleinen Schritten lernen, immer wieder wiederholen, aufbauen und üben. All das neben den anderen 3-4 Terminen, die er wöchentlich zu absolvieren hat.

Die Lästereien belasten ihn sehr. Allein das Erlesen der Buchstaben kostet ihn so viel Mühe, dass er darüber das Gelesene zunächst vergisst. Dies ist besonders fatal im Zusammenhang mit Textaufgaben, für die er wesentlich mehr Energie und Zeit aufbringen muss als andere Kinder.

Er hadert in dieser Zeit viel mit sich, fragt immer wieder: "Warum gerade ich?"

Er lernt langsam, dass er trotz seiner "Mängel" liebenswert, klug und einfach ein netter Kerl ist, der jede Menge kann.

Ein Ausgleich zur Legasthenie sind die guten mathematischen Fähigkeiten. Sind in Arbeiten viele Textaufgaben, bleiben dann auch leider hier die Erfolgserlebnisse aus. Das schmerzt!

Wir lassen ihn daher, auch um Zeit zu gewinnen, eine Klasse wiederholen. Zunächst todunglücklich ist er bereits nach kurzer Zeit ganz froh: Zum ersten Mal in seinem Leben findet er Freunde!

Sein Kampf gegen seine Probleme ist inzwischen so offensichtlich, dass immer mehr Kinder und Lehrer bereit sind, ihn auf ihre Weise zu unterstützen.

Einmal wird er sogar zu einem Kindergeburtstag eingeladen und ist an diesem Tag mit Sicherheit das glücklichste Kind auf der Welt.

Rückschläge gibt es immer wieder, aber langsam wächst sein Selbstbewusstsein und er weiß seine "Helfer" zu schätzen.

Ging er anfangs noch murrend, findet er im "Pädagogischen Institut" ein unendliches Maß an liebevoller Geduld und Strenge, wird permanent motiviert.

Hier werden auch die für ihn fatalen Lehrerwechsel aufgefangen. Unser Kind steht und fällt mit dem mit dem jeweiligen Pädagogen! Nach einem Jahr wieder ein Lehrerwechsel.

Das KISS-Syndrom wird diagnostiziert, er hat immer noch mindestens drei bis vier Termine in der Woche, für ihn jedoch am wichtigsten: die LRS-Förderung!

Nicht nur, weil er hier Lesen und Schreiben erlernt, sondern auch, weil er eine feste Bezugsperson gefunden hat, der er alle Probleme und Ängste anvertrauen kann. Hier hat er Erfolge im Lesen und Schreiben, die er lange Zeit in der Schule nicht hatte, aber für ihn enorm wichtig sind und ihn immer wieder motivieren.

Sätze der Todessehnsucht und des Selbstmitleides, Sätze mit Versager wurden immer weniger und verschwinden schließlich ganz.

Der Wechsel zur weiterführenden Schule bringt den nächsten Einbruch und zerstört für ihn und uns vieles, was wir schon bewältigt hatten.

Nach einem halben Jahr gelingt der Wechsel auf eine andere Schule, die nicht nur Verständnis für unser Kind zu haben scheint. Wir sind überglücklich und es geht wieder bergauf.

Heute ist unser Kind bereits seit zwei Jahren auf der Schule. Verständnisvolle, herzlich-strenge Lehrer und der regelmäßige Gang zum Lerninstitut haben geholfen, aus ihn einen fröhlichen, selbstbewussten Jungen zu machen.

Er besucht weiterhin das Lerninstitut, um das über Jahre erlernte zu wiederholen und weiter zu festigen, für ihn ein Anker in all der teilweise recht schwierigen Zeit.

Er geht weiter zur Spiel- und Verhaltenstherapie, kommt gut in der Klasse klar, mimt mitunter den Pausenclown.

Noch immer ist er zu anderen Kindern mitunter sehr distanziert; die schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit sind noch nicht vergessen.

Er zankt und rauft wie andere Kinder auch, trotz aller Unkenrufe eines Grundschullehrers ist er auf dem besten Wege seine Realschulabschluss zu machen.

Erst vor kurzem hat er sogar den Wunsch geäußert irgendwann Abitur zu machen.

Er hat sich seine guten Fähigkeiten bewahrt und wir sind riesig stolz auf ihn.

(Anmerkung: Dieser Junge, nennen wir ihn hier einfach Felix, hat seine Förderung bei uns inzwischen beendet. Wir danken dem Jugendamt für die mehrjährige finanzielle Unterstützung, ohne die diese Entwicklung nicht möglich gewesen wäre.)

 

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